Der Kreis vor der Weggabelung: Klare Linien statt Hybis und Kleingeist
Wortbeitrag von Ralf Wurth im Rahmen des Berichts der SPD-Kreistagsfraktion auf dem Unterbezirks-Parteitag der oberbergischen SPD am 9.11.2013 in Lindlar
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
nur noch sechs Monate sind es. Dann endet die Wahlperiode des jetzigen Kreistags. Deshalb gilt es hier, die Kreispolitik von Landrat und CDU in den zurück liegenden Jahren zu bilanzieren. Es gilt aber auch, bereits heute aufzuzeigen, was wir – wegen der Mehrheitsverhältnisse im Kreistag – bisher nicht verwirklichen konnten und dann verwirklichen werden, wenn die Wählerinnen und Wähler uns hierzu bei der nächsten Wahl ein Mandat erteilten.
Ich möchte dies in sieben Erzählsträngen tun und dabei darstellen, wo wir die besseren Lösungen für die Menschen in unserer Heimat anbieten. Ich werde
- erstens etwas zu unserem Kreisverständnis sagen,
- zweitens darlegen, was wir unter einer guten Verwaltung verstehen,
- drittens aufzeigen, wie wir im Kreis mehr Demokratie wagen können,
- und viertens, wie wir die Kreisfinanzen sowie die Finanzbeziehung zwischen den Städten und Gemeinden einerseits und dem Kreis andererseits wieder ins Lot bringen wollen.
- Im fünften Teil widme ich mich der Herausforderung, was wir in der Kreispolitik für gute und gerecht bezahlte Arbeit tun können,
- Punkt 6 geht auf die Mobilitätsbedürfnisse der ortsansässigen Menschen ein
- und im siebten Strang erläutere ich unsere Vorstellungen, wie wir unsere Heimat lebens- und liebenswert erhalten wollen.
1. DER OBERBERGISCHE KREIS – GELEBTE VIELFALT VOR ORT
Liebe Freundinnen und Freunde,
falls es etwas gibt, was der Landrat in den letzten neun Jahren (fast schon zwanghaft) versucht hat zu schaffen, dann war es eins: den „Oberberger“. Gepaart war dieser Versuch immer mit dem Ansatz, dadurch für den Oberbergischen Kreis eine historisch begründbare Identität und Existenzberechtigung zu konstruieren. Dass weder das Eine noch das Andere vorhanden ist, beweist schon ein Bonmot, mit dem der bekennende Bergische Jung Willibert Pauels auf einem Festakt zu „150 Jahre Kreissparkasse Köln“ die Gefühle der Wipperfürther nach der Kreisgebietsreform von 1979 beschrieben hat. Er sagte damals sinngemäß: „Wir wollten einen Kreis, der unsere Interessen wahrt – und landeten in „Groß-Hückeswagen“.
Liebe Genossinnen, liebe Genossen,
was neben der liebevollen Gemeinheit gegenüber Hückeswagen hinter diesem Ausspruch steckt, ist das Empfinden, dass das katholische Wipperfürth in ein stärker protestantisch geprägtes Kreisgebiet eingegliedert wurde. Tatsächlich sind die Orte und Menschen im Oberbergischen sehr unterschiedlich. Es gibt
- den evangelischen und nach Wuppertal und Remscheid orientierten Norden,
- den katholischen und nach Köln orientierten Westen,
- den industriell geprägten Raum entlang der Agger,
- den evangelisch-pietistischen Kreissüden,
- die katholische „Republik“ Morsbach,
- die Traditionen der Arbeitsmigranten vor allem aus der Türkei und Südeuropa und
- das Erbe der Nachkriegsflüchtlinge aus vormals ostdeutschen Gebieten sowie der volksdeutschen Aussiedler vor allen aus der vormaligen Sowjetunion und aus Siebenbürgen.
Was für NRW gilt, gilt für das Oberbergische vielleicht in verstärktem Maße. Und über Nordrhein-Westfalen hat Jürgen Becker auf dem ersten „Arsch hu – Zäng usseander“-Konzert gelästert: „Ihr Völker der Welt, schaut auf dieses Land. Hier leben Rheinländer und Westfalen friedlich zusammen. Es ist zwar schrecklich, aber es geht.“
Liebe Freundinnen und Freunde,
das Oberbergische lebt in seiner Vielfalt vor Ort. Der Kreis sollte diese Vielfalt als Schatz betrachten. Er selbst darf sich dagegen nicht überhöhen. Es gibt keine kulturhistorische oder wirtschaftsgeographische Notwendigkeit für das derzeitige Kreisgebiet. Der Kreis sichert seine Daseinsberechtigung vielmehr durch die Effektivität seiner Dienstleistungen und das Wohlergehen der im Kreisgebiet lebenden Menschen.
2. DER DIENSTLEISTER KREISVERWALTUNG – SCHLANK, MODERN UND EFFEKTIV
Liebe Genossinnen und Genossen,
gerade Dienstleistungsorientierung, Modernität und Effektivität sind der oberbergischen Kreisverwaltung derzeit jedoch eher wesensfremd. Dies liegt vor allem daran, dass der Noch-Landrat die Verwaltungsführung im Kreishaus seinem Kreisdirektor überlässt. Der scheint in seinem Verwaltungsgebaren dem obrigkeitsstaatlichen Denken des 19. Jahrhundert nacheifern zu wollen. Und die CDU stützt ihn. Alle folgend genannten Forderungen der SPD wurden von der derzeitigen Kreistagsmehrheit zum Beispiel bei den letztjährigen Haushaltsberatungen abgelehnt:
- Aufgabenkritik gemeinsam mit den Bürgermeistern; also Überprüfung, ob eine konkrete Tätigkeit nicht besser auf der gemeindlichen Ebene erledigt werden kann.
- Verwaltungsstrukturreform durch Abschaffung einer Hierarchieebene; also Wegfall entweder der Dezernenten oder der Amtsleitungen.
- Orientierung des Verwaltungsaufbaus an den Haushaltsprodukten, Produktgruppen und Produktbereichen; also Organisationsaufbau entlang der zu erbringenden Dienstleistungen.
- Fortentwicklung der Rechnungsprüfung zu einem echten Verwaltungscontrolling; also Anwendung betriebswirtswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente in der Verwaltungsführung.
- Initiierung eines Personalentwicklungskonzepts; also strukturierte Qualifizierung und Schulung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für zukünftige Tätigkeiten.
- Interkommunale Zusammenarbeit im Beschaffungswesen und gemeinsame EU-weite Ausschreibungen zusammen anderen Nachfragern; also Bündelung von Aufträgen, wenn über Mehrmengen Preisnachlässe erzielt werden können.
Liebe Freundinnen und Freunde,
all’ dies werden wir erst durchsetzen können, wenn eine andere Kreistagsmehrheit einem reformwilligen Landrat zur Seite steht.
Im Übrigen – als Bemerkung am Rande – es wäre sehr imagefördernd, falls beispielsweise eine große örtliche Unternehmensberatung durch eine kostenlose betriebswirtschaftliche Organisationsuntersuchung den Weg zu einer schlanken Kreisverwaltung mit flachen Hierarchien unterstützt.
3. DIE POLITISCHE WILLENSBILDUNG IM KREIS – TRANSPARENT UND DEMOKRATISCH
Liebe Genossinnen und Genossen,
der große Vorteil der kommunalen Selbstverwaltung ist ihre demokratische Kontrolle. Dass die Noch-Kreistagsmehrheit diese Aufgabe nicht wirklich wahrnimmt, habe ich eben bereits ausgeführt. Doch die Pflichtvergessenheit geht noch weiter. Die CDU hat sogar ein instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit. Wenn ihr etwas nicht passt, findet es auch keine Aufnahme in den Niederschriften von Kreistagssitzungen. Ein Beispiel: Peter Biesenbach hielt eine Kreistagsdiskussion über die Jagdsteuer für Unsinn. Die Kreistagsminderheit würde ein „totes Pferd“ reiten, weil der Landtag die Abschaffung der Steuer bereits längst beschlossen habe. In der nächsten Sitzung wurde ihm das Gegenteil bewiesen. Trotzdem verweigerten seine Getreuen eine nachträgliche Korrektur des Sitzungsprotokolls.
Liebe Freundinnen und Freunde,
unter anderem deswegen bin ich dafür, dass wir in Zukunft das machen, was zum Beispiel in NRW die Städte Bonn, Essen und Düsseldorf bereits praktizieren. Dort werden Ratssitzungen live im Internet gezeigt. Solche Live-Streams von Sitzungen des Kreistags und des Kreisausschusses wären ein Zeichen für eine gelebte demokratische Transparenz.
Gelebte demokratische Offenheit könnten wir auch an anderer Stelle zeigen. Die Piratenpartei redet von „Liquid Democracy“. Der sozialdemokratische Landrat Sven Ambrosy des Landkreises Friesland praktiziert sie. Dort können sich Bürgerinnen und Bürger im Netz auf der Plattform LiquidFrieslandfrühzeitig zu Verwaltungsvorlagen äußern, diese bewerten, Änderungs-Vorschläge machen oder Alternativen vorschlagen. Dieses Beispiel sollten wir uns ganz genau anschauen und gegebenenfalls übernehmen.
Des Weiteren muss der Kreistag endlich bei der Steuerung der Verwaltung mittels Zielen und Kennziffern vorankommen. Nachdem strategische Ziele formuliert wurden – daran hatte die SPD-Kreistagsfraktion durch ihren Antrageinen entscheidenden Anteil – ist dieses Projekt wieder sanft eingeschlafen. Nach Abschaffung der Kameralistik ist das Haushaltsrecht des Kreistags ansonsten ein sehr stumpfes Schwert.
Liebe Genossinnen und Genossen,
eine wehrhafte Demokratie stellt sich gegen Faschismus und Rechtsextremismus. Deshalb sind wir stolz darauf, dass sich im Kreis auf unseren Antrag hin ein „Netzwerk gegen Rechts“ gegründet hat und der Kreis dieses Netzwerk finanziell unterstützt.
Liebe Freundinnen und Freunde,
wenn wir die Forderung erfüllen wollen, dass auch die Kreispolitik weiblicher und jünger wird – und beides ist sehr nötig –, müssen wir uns an die eigene Nase fassen. Hier sind die Ortsvereine in der Bringschuld und der Unterbezirksvorstand muss Überzeugungsarbeit leisten. Unabhängig wie man zu diesem Beschluss steht, die Bundespartei hat in ihrem Statut verankert, dass auch die Reserveliste bei einer Kreistagswahl nach dem Reissverschlussverfahren zu besetzen ist. Damit dies möglich ist, müssen vor Ort zumindest zur Hälfte weibliche Kandidaten vorgeschlagen werden. Meine persönliche Auffassung ist, dass Vereinsregeln einzuhalten oder zu ändern sind. Einfach nur ignorieren, das geht gar nicht. Als Fraktionsvorsitzender bin ich hier interessierter Zuschauer und nicht Schiedsrichter. Letzteres ist Aufgabe der Kreispartei. Und ich bin gespannt, wie sie diese Rolle ausfüllt. Aber, um es in der Sportsprache auszudrücken, Tatsache bleibt: Wenn bei einem Tennismatch ein „gemischtes Doppel“ antreten soll, darf sich kein spielberechtigtes Team herausnehmen, nur mit männlichen Spielern anzutreten. Ansonsten droht eine Disqualifikation.
4. DAS FINANZVERHALTEN DES KREISES – FAIR UND SOLIDARISCH
Liebe Genossinnen und Genossen,
Kreisfinanzpolitik, wie sie CDU und Landrat betreiben, sieht – nur etwas überspitzt – so aus:
- Am Montag fordert man eine sofortige Umsetzung eines Gutachtens des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts der Uni Köln, das Mehrzahlungen an den ländlichen Raum empfiehlt, – und zwar ohne Übergangsfristen und unbeschadet der Kollateralschäden für alle anderen kommunalen Gebietskörperschaften in NRW.
- Am Dienstag klagt man gegen das Land, um bereits fehlerhaft eingezogene Überzahlungen bei der Wohngelderstattung behalten zu können. Begründung: Diesen Kollateralschaden kann der Kreis nicht tragen.
- Am Mittwoch lehnt man einen SPD-Antrag ab, in dem der Bundestag aufgefordert wird, sich an den Eingliederungshilfezahlungen für Behinderte zu beteiligen.
- Am Donnerstag kündigt man Widerspruch gegen die Höhe der Landschaftsverbandsumlage an. Einer der größten Ausgabeposten beim LVR und dort der massivste Kostentreiber ist die Eingliederungshilfe.
- Am Freitag bittet der Landrat den Landschaftsverband, sich an der laufenden Finanzierung von Schloss Homburg zu beteiligen.
- Am Samstag sieht man den Landrat, den Kreisdirektor und Herrn MdL Biesenbach bei der Eröffnung eines oder bei der Grundsteinlegung einer Einrichtung, die vom Land oder vom LVR gefördert wird.
- Beim Frühschoppen am Sonntag lobt man den Bund ob seines Engagements zugunsten der Kreise, Städte und Gemeinden, ohne zu erwähnen, dass diese Mehrleistungen der Bundesregierung und dem Bundestag vom sozialdemokratisch geführten Bundesrat abgetrotzt wurden. Das Land wird kritisiert, weil die Stärkungspaktkommunen zu wenig Geld bekommen und weil einige Abundanz-Gemeinden einen Solidarbeitrag zugunsten des Stärkungspaktes leisten sollen. Man fordert Schlüsselzuweisungen unabhängig von der Steuerkraft. Und obwohl alle genannten Forderungen an das Land mehr Geld kosten, kritisiert man massiv die Verschuldung Nordrhein-Westfalens.
- Während der gesamten Woche summiert der Kreiskämmerer buchhalterisch seine Einnahmen und Ausgaben und stellt mechanisch einen Fehlbetrag den Städten und Gemeinden als Kreisumlageerhöhung in Rechnung.
Zugegeben, im wirklichen Leben geschieht dies Alles nicht binnen sieben Tagen. Aber ansonsten ist jede dieser Aussagen oder Verhaltensweisen belegbar. Seriös ist das nicht. Deshalb treten wir für eine faire und solidarische Kreisfinanzpolitik mit den folgenden Eckpunkte ein, bei deren Umsetzung auch der Kreis selbst Verantwortung übernimmt:
- Der Kreis strebt eine – vorab vereinbarte – stetige Kreisumlage an. Die Städte und Gemeinden können für den vereinbarten Finanzplanungszeitraum wählen, ob sie eine stetige Entwicklung der Umlagehöhe oder eine stetige Entwicklung des Umlagesatzes wünschen.
- Der Kreis reduziert mittelfristig seine eigenen Ausgaben durch eine Verwaltungsmodernisierung und nach einer Aufgabenkritik.
- Der Kreis spart Kosten durch den Verzicht auf Prestigebauten.
- Unbeschadet, welche Partei wo die Regierung stellt, vertreten Landrat und Kreistag die Kreisinteressen gegenüber Bund und Land.
- Der Kreis beachtet die unterschiedlichen Interessen von finanzstarken und finanzschwachen Kommunen im Kreisgebiet, macht sich aber selbst nicht zum Schiedsrichter.
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir haben bereits bewiesen, wer im Kreis mit Geld umgehen kann. Die erste grundlegende Sanierung des Kreishaushalts erfolgte in der Amtszeit des sozialdemokratischen Oberkreisdirektors Heribert Rohr. Unter seinen beiden CDU-Nachfolgern rutschte der Kreisetat wieder stetig in die Miesen. Und seitdem gab es finanzpolitisch nur eine Entscheidung, die sich bis heute strukturell vorteilhaft auswirkt: Die Schaffung eines Pensionssicherungsfonds durch Verkauf der RWE-Aktien – ein verwirklichter Vorschlag der SPD-Kreistagsfraktion.
5. DIE MENSCHEN IM OBERBERGISCHEN UND IHRE ARBEIT – WERTVOLL, INTELLIGENT UND WETTBEWERBSFÄHIG
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Menschen, die im Oberbergischen Kreis wohnen, wollen nicht nur solide Kommunalfinanzen. Sie wollen in erster Linie eine gute Arbeit und gute Entlohnung dafür. Im Rahmen der uns in der Kommunalverfassung zugestandenen Möglichkeiten wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kreistag dafür die besten Voraussetzungen schaffen.
Wir treten deshalb für ein bedarfsgerechtes Schulsystem ein, würdigen aber, dass hierfür vorrangig die Städte und Gemeinden zuständig sind. Die Allmachts-Fantasie von Landrat und CDU hier eine Koordinierungs- und Steuerungsfunktion des Kreises neu zu schaffen, lehnen wir ab, denn regionale Schülerwanderungen machen nicht an der Kreisgrenze halt. Wipperfürth muss beispielsweise seine Schulentwicklung unter anderem mit Kierspe (Märkischer Kreis) und Kürten (Rheinisch-Bergischer Kreis) abstimmen. Schülerströme aus Waldbröl nach Wipperfürth sind hingegen eher unwahrscheinlich. Auch den umgekehrten Weg hat meines Wissens nur ein ehemaliger Schüler aus Wipperfürth genommen, der jetzt als Zeitarbeiter in Berlin tätig ist.
Zuständig ist der Kreis für einen Teil der Förderschulen. Falls durch eine wünschenswerte Inklusion hier Bedarfe zum Beispiel bei der Sprachförderung nicht mehr gegeben sind, gilt allerdings: Schulen sind für Schülerinnen und Schüler da – nicht umgekehrt. Wenn dies Elternwille ist und es dem Kindeswohl dient, wollen wir ausdrücklich, dass Unterricht in einer Regelschule stattfindet. Auch wenn die Kreis-CDU sich jetzt kleingeistig und hasenfüßig in die Büsche zurückzieht, genau dies hat der Landtag auf Antrag von CDU, SPD und Grüne noch am 1. Dezember 2010 in einer Resolution zur Umsetzung von Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention so beschlossen.
Zuständig ist der Kreis darüber hinaus für das Berufsschulwesen. Wir haben mit dem Kaufmännischen Berufskolleg, dem Berufskolleg Dieringhausen und dem Berufskolleg Wipperfürth hervorragende Einrichtungen, die uns lieb und teuer sind. Die demographische Entwicklung könnte zumindest den Standort Wipperfürth gefährden. Hier kommt hinzu, dass Schülerinnen und Schüler aus Radevormwald und Hückeswagen – also aus dem Oberbergischen Kreis – die vergleichbare Schule in Wermelskirchen besuchen. Nicht nur weil der Kreis in Wipperfürth gerade um die sechs Millionen Euro neu verbaut hat, ist es meines Erachtens unumgänglich, hier einen gemeinsamen Zweckverband zur Sicherung der beiden Schulen in Wipperfürth und Wermelskirchen zu bilden. Ich fordere den Landrat auf, entsprechend zu handeln.
Das primäre Bildungsangebot im Kreis wird durch den Campus Gummersbach der FH Köln komplettiert. Ideen, die Fachhochschule zu einer Technischen Hochschule fortzuentwickeln, werden von der Kreistags-SPD ausdrücklich begrüsst und unterstützt.
Liebe Genossinnen und Genossen,
fortlaufende Weiterbildung ist heute für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fast schon ein Muss. Die Volkshochschulen im Kreis sind hierfür ein Standbein. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Kreistag halten aber an unser Forderung fest, auf Kreisebene ein umfassendes Qualifizierungs- und Weiterbildungsnetzwerk zu gründen. Das derzeit dem Namen nach existierende Bildungsnetzwerk des Kreises genügt den dabei zu stellenden Ansprüchen nicht.
Liebe Freundinnen und Freunde,
gute Arbeit bedarf einer guten Infrastruktur. Deshalb bedauern wir es noch heute, dass die Kreistagsmehrheit unsere Forderung abgelehnt hat, Mittel aus dem damaligen Konjunkturparket II den Städten und Gemeinden zum Ausbau der DSL-Versorgung zur Verfügung zu stellen. Die Aufgabe, im Kreis die besten technologischen Voraussetzungen für Information und Kommunikation zu schaffen, bleibt eine Herausforderung, der wir uns stellen. Auch eine standortnahe, ökologisch orientierte und kostengünstige Energieversorgung der hiesigen Unternehmen und Verbraucher war und ist ein Ziel sozialdemokratischer Kreispolitik.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wer ist im Oberbergischen für die Wirtschaftsförderung zuständig? In diesem Konflikt zwischen dem Kreis und den Städten und Gemeinden steht die Kreistags-SPD auf der Seite der Räte und Bürgermeister. Allenfalls eine Koordination beim Standortmarketing sollte der Kreis übernehmen. Wir sind für hinreichende Industrie- und Gewerbeflächen im Kreisgebiet. Wir waren es, die interkommunale Zusammenarbeiten ins Gespräch gebracht haben. Aber die Planungshoheit haben allein die Städte und Gemeinden. Unseres Erachtens müssen sich Landrat und Kreisdirektor hier nicht unnötig einmischen. Ähnliches gilt für das GTC in Gummersbach. Die Gesellschafterstruktur hat sich bewährt. Bedarf für mehr Kreiseinfluss ist nicht gegeben.
6. DIE WEGE ZUEINANDER – MOBIL IM KREIS UND IN DIE BALLUNGSZENTREN
Liebe Freundinnen und Freunde,
Umfragen belegen, dass die Menschen im Oberbergischen ein hohes Mobilitätsbedürfnis haben. Dies ist durch die hiesige Siedlungsstruktur bedingt. Oder man muss seinen Arbeitsplatz erreichen, der nicht am Wohnort liegt. Oder man möchte die Freizeitangebote nutzen, die im Kreis und in den benachbarten Großstädten gegeben sind. Deshalb treten wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten dafür ein, dass jede und jeder im Kreisgebiet die Mobilitätschancen erhält, die sie oder er nachfragt.
Im Bereich des motorisierten Individualverkehrs befürworten wir deswegen ausdrücklich den Erhalt und die Erneuerung des vorhandenen öffentlichen Straßennetzes. Straßenneubau kann und wird es aus finanziellen und ökologischen Gründen aber nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen geben – zum Beispiel bei seit langem geplanten Ortsumgehungen.
Im ÖPNV war die Kreispolitik viel zu lange zu sehr auf die OVAG fixiert. Die OVAG ist das Nahverkehrsunternehmen des Kreises sowie von kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Ihre Existenz ist aber kein Ersatz für eine aktive Nahverkehrspolitik. Auch sind wir in der Kreistags-SPD schon verärgert, wenn eine Unternehmensführung zum Beispiel meint, hinhaltender Widerstand gegen ein Sozialticket, ein Schülerticket oder ein Absolvententicket sei angebracht und ohne Absprache die Kündigung von VRS-Verträgen vorantreibt. Die OVAG soll sich auf das konzentrieren, wofür sie da ist: im Rahmen des vom Kreis beschlossenen Nahverkehrsplans Busverkehr vorzuhalten.
Es gibt bedeutsame Verkehrsbeziehungen im Regionalverkehr, die heute nur mit Bussen bedient werden können und auf denen auch zukünftig Schnellbusse fahren sollten. Diese Verkehre gilt es zu erhalten. Gegebenenfalls könnten meines Erachtens auch weitere Schnellbuslinien hinzukommen, wie beispielsweise eine Strecke von Waldbröl über Morsbach zum S-Bahnhof Wissen oder eine Strecke von Wipperfürth zum S-Bahnhof Köln-Dellbrück. Ansonsten sehe ich für den traditionellen Bus zukünftig vor allem die Aufgabe, für den Zubringerverkehr zu zentralen Schnellbusknoten oder zu den örtlichen Bahnhöfen zu sorgen. Viele Lokalverkehre werden bald durch Bürgerbusse, Rufbusse und Anrufsammeltaxis bedient.
Beim Schienenverkehr sind wir froh, dass die RB 25 zwischen Gummersbach und Köln bald im Halbstundentakt fährt. Wir hoffen auf einen zusätzlichen Haltepunkt in Loope und wir sind glücklich über die anstehende Streckenverlängerung zunächst bis Meinerzhagen und 2015 dann bis Lüdenscheid. Hätte es den unsinnigen Investitionsstopp durch den vormaligen CDU-Verkehrsministers Wittke nicht gegeben, führen auf dem letztgenannten Streckenabschnitt heute schon die Züge. Dass die Bürgermeister an der Wiehltalbahn inzwischen eine Machbarkeitsstudie für den SPNV-Betrieb auf dieser Strecke befürworten, begrüßt die Kreistagsfraktion. Thorsten Konzelmann, Bernd Kronenberg und ich haben dies VRS und NVR auch vor kurzem in einem Gespräch in Köln mitgeteilt. Meiner Meinung nach sollte der Kreis die gemeindlichen Kosten für diese Untersuchung übernehmen und schon im Nachtragshaushalt des Kreises für 2014 veranschlagen. Nach einer solchen Machbarkeitsstudie besteht dann eine abschließende Klarheit über den zukünftigen Status dieser Bahnlinie.
7. DIE HEIMAT DER MENSCHEN IM OBERBERGISCHEN – LEBENS- UND LIEBENSWERT
Liebe Genossinnen und Genossen,
mit einer Aussage liegt der Landrat ausnahmsweise vollkommen richtig: Das Oberbergische ist der schönste Landkreis Deutschlands. Und ich sage dies nicht nur, weil mit Thier das nachweislich schönste Dorf Deutschlands in meiner Heimatstadt Wipperfürth liegt. Entscheidend ist aber, was wir aus diesem Vorteil machen.
Für mich ist wichtig, dass wir diese Schönheit, also unsere oberbergische Kulturlandschaft erhalten. Auch müssen wir dabei die vorhandene Artenvielfalt schützen – fachsprachliche also die „Biodiversität“ sichern. Betrachtet man unter diesem Blickwinkel die Agrarpolitik, finden schon deshalb in der Milchwirtschaft die Grundpositionen des „Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter“ die Zustimmung der Kreistags-SPD.
Als weiteres Standbein für örtliche Wirtschaft wollen wir den naturnahen Tourismus fördern. Neu erschlossene Wanderwege oder zum Beispiel die Radwege auf der stillgelegten Bahntrasse von Remscheid-Lennep bis Marienheide helfen dabei. Wir wollen auch, dass Schloss Homburg endlich wieder den Besucherinnen und Besuchern zur Verfügung steht. Die Bauverzögerungen sprechen nicht für die Projektplaner des Kreises. Damit die ökologische und kulturelle Vielfalt des Oberbergischen jährlich eine bildhafte Widerspiegelung findet, fordert die SPD-Kreistagsfraktion – statt vieler Landratsempfänge zu unterschiedlichen Themen – einen oberbergischen Heimat-, Kultur- und Umwelttag, der dann abwechselnd in einer der oberbergischen Städte oder Gemeinden stattfindet. Auf einem solchen Tag könnte auch die ehrenamtliche Tätigkeit der Vielen nochmals öffentlich gewürdigt werden, die ihre Freizeit im Sport- oder Musikverein, in der Kultur, in den Kirchen, in der Wohlfahrtspflege, bei der Feuerwehr oder im Rettungswesen der Gemeinschaft widmen. Die SPD-Kreistagsfraktion wird sich weiterhin für die Förderung des Ehrenamtes einsetzen.
Liebe Freundinnen und Freunde,
dass wir im Oberbergischen uns für den demographischen Wandel fit machen müssen, haben wir schon mit einem Beschluss auf einen voran gehenden Parteitag klar gestellt. Hier möchte ich mich deshalb nur die Stichworte „altersgerechte Stadtplanung“ und „hinreichende Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ nennen. Nicht allein für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist darüber hinaus wichtig, dass in unserer lebenswerten Heimat hinreichende und bezahlbare Betreuungseinrichtungen für Kinder jeden Alters zur Verfügung stehen. Ich glaube, dass an dieser Stelle ein Dank an unsere Landtagsfraktion und an Roland Adelmann persönlich angebracht ist. Anders als die vormalige Mehrheit im Landtag, habt ihr die zugesagten Mittel für den Kita-Ausbau auch tatsächlich bereit gestellt. Und ihr habt auch die Zusage eingehalten, für das dritte Jahr im Kindergarten die Beitragszahlungen abzuschaffen. Herzlichen Dank.
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Grundlinien einer sozialdemokratischen Alternative zur herrschenden Hybris und zum kleingeistigen Wegducken in der Kreispolitik sind damit beschrieben. Landrat Hagen Jobi mag menschlich sympathisch sein. Er hat aber erkennbar keine Lust mehr an seinem Job. Mehr und mehr überlässt er im Kreishaus die Zügel seinem Kreisdirektor. Ob er bereits 2014 oder erst 2015 abtritt, hängt wohl nur davon ab, ob in der CDU die Nachfolgekandidatur in seinem Sinne geregelt wird. Unabhängig davon müssen wir unser Möglichstes dagegen tun, dass faktisch mit Herrn Hagt die „ranghöchste Büroklammer“ die Kreisverwaltung leitet – und zwar egal, ob an einem Tag, an dem dann zeitgleich Kreistags- und Landratswahlen stattfinden, oder in zwei Schritten.
Die CDU-Kreistagsmitglieder verwechseln gestaltende Kreispolitik mit Nibelungentreue zur Landtagsopposition. Eine Kontrolle der Kreisverwaltung findet nicht statt. Kommen interessante Ideen, sind sie von uns geklaut. Und neue Ideen der Noch-Mehrheit sind selten interessant. Wir sollten alles daran setzen, dass nach dem 25. Mai nächsten Jahres viele dieser Mandatsträgerinnen und Mandatsträger eine wohlverdiente Schaffenspause erhalten.
Liebe Freundinnen und Freunde,
es lohnt sich zu kämpfen. Denn wir haben die besseren Konzepte und wir stellen das bessere Personal.
Ich danke für Eure Aufmerksamkeit und Eure Geduld.